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Jahresabschluss 2017 - Regionale Kliniken Holding RKH GmbH/Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH

Redebeitrag von Andrea Stockmayer-Mohn im Kreistag am 20. 07. 2018 zu TOP 2

Nach einem kurzen Aufatmen im vergangenen Jahr bei einem eben noch positiven Jahresabschluss, müssen wir jetzt wieder ein negatives Gesamt-Ergebnis beklagen. Aber, es hätte auch schlimmer kommen können. An der gegenüber der Prognose leichten Verbesserung (wenn auch immer noch im Minusbereich) lesen wir ab, dass die Planung der Geschäftsführung realistisch und vorsichtig genug ist. Das anerkennen und begrüßen wir.
Wir werden uns aber in den nächsten Jahren weiter auf negative Ergebnisse einstellen müssen. Große Investitionen kommen auf unsere Kliniken zu, die notwendig und sinnvoll sind. Nach wie vor entspricht die Investitionskosten Förderung des Landes nicht annähernd dem Bedarf.

Ein schwacher Trost ist: Wir sind nicht allein!

Etwa zeitgleich mit dem Jahresabschluss unserer Kliniken gGmbH erscheint jährlich der Krankenhaus Rating Report. Dort wird die wirtschaftliche Situation der Kliniken Deutschlands untersucht und verglichen an Hand von über 800 Stichproben.
Schaut man sich die Ergebnisse der letzten Jahre und die Prognosen für die nächsten Jahre an, dann befinden wir uns jetzt in einer vergleichsweise günstigen Situation: Hatten 2015 noch 22% der Kliniken in Deutschland ein negatives Gesamtergebnis, so sind es 2017 nur noch 17% und 2018 erwartet nur noch 11%.
Aber dann wird ein rapider Anstieg der verlustschreibenden Kliniken erwartet: Schon im Jahre 2021 sollen es wieder 24% sein und  2025 würde nach der Prognose mehr als die Hälfte der Krankenhäuser rote Zahlen schreiben. Das ist Ausdruck der derzeitigen politischen und zukünftigen demografischen Entwicklung.

In den nächsten Jahren sind die geodemografische Entwicklung und die steigende Innovationsdichte zwei zentrale Trends in der Gesundheitsversorgung. Die Alterung der Gesellschaft wird zu mehr Patienten führen und die Gesundheitsausgaben werden überproportional steigen. Zudem sinkt die Zahl der jüngeren Menschen und damit  der Erwerbspersonen. Als Folge dürfte die Finanzierungslücke in der Gesetzlichen Krankenversicherung wachsen. Die Verhandlungen über die Leistungserlöse werden dadurch nicht leichter werden!

Nahezu jede vierte Klinik wäre im Jahre 2025  liquiditätsgefährdet,
wenn nicht gegen gesteuert wird!

Was heißt gegensteuern?

Es gilt, die größten Herausforderungen für die Krankenhäuser zu meistern:  die wachsende Personalknappheit und die unzureichende Kapitalausstattung.
Wir sehen die Anstrengungen, die unsere Klinikleitung unternimmt, um den Personalbereich zu entlasten. Wir sehen, dass die Zahl der offenen Stellen ein wenig zurückgegangen ist, wenn auch nicht die Rückstellungen für Überstunden.  Ich möchte Sie weiter anfeuern: hier können Sie gar nicht genug tun. Investieren Sie weiter in Fortbildung, in strukturelle Veränderungen und beteiligen Sie die Mitarbeiterinnen dabei. Eine wesentliche Aufgabe  dabei ist die Verbesserung der Unternehmens-Kultur auf allen Ebenen.
Die KLB muss der attraktivste Arbeitgeber im Gesundheitsbereich im Umkreis werden.
 
Positiv bewerten wir auch die Schritte, die unternommen werden um mehr Wohnraum für Personal zu schaffen, auch hier kann man wohl nicht zu viel tun!

Dem Fachkräftemangel könnte auch durch eine Digitalisierung des Gesundheitswesens entgegengewirkt werden. Dazu zählen Fortschritte bei einer standardisierten elektronischen Patientenakte, Telemedizin, künstliche Intelligenz und Robotik.
Auch hier sehen wir durchaus beachtliche Fortschritte in der KLB.

Der Krankenhaus Rating Report bestätigt auch wieder einmal das bessere Abschneiden der größeren Krankenhäuser. Und auch ein hoher Grad an Spezialisierung ist vorteilhaft  für die wirtschaftliche Lage und für die Patientenzufriedenheit.
Beides haben Sie in der KLB in den letzten Jahren zunehmend umgesetzt. Wir sind froh, wenn die Bauplanung in Bietigheim zügig voranschreitet, damit das geplante altersmedizinische Zentrum bald in entsteht. Nach meiner Einschätzung bedeutet es für Patienten einen deutlichen Vorteil gegenüber der kleinen Klinik Marbach.
 
Wir begrüßen ausdrücklich Ihre Bemühungen, die Kliniken Ludwigsburg und Bietigheim mehr zu vernetzen und die Zusammenarbeit mit anderen Kliniken im Umkreis und auch intersektoral mit dem ambulanten Bereich endlich zu verbessern. ( auch wenn es dort noch unsägliche Hürden gibt, die Sie nicht zu verantworten haben)

Was die unzureichende Kapitalausstattung der Kliniken angeht, ist die Politik gefragt. Ob aus den Plänen der GroKo für unsere Kliniken und v.a. für ihr Personal wirkliche Verbesserungen zu erwarten sind, ist noch ungewiss. Das Land Baden Württemberg macht keinerlei Anstalten, die Investitionskosten Zuschüsse zu verbessern.
Bleibt also unsere Kreiskasse.


Wenn wir weiter auch in Zukunft, nicht nur bis zum Ende der Wahlperiode, auch für unsere Kinder, noch ein leistungsfähiges Krankenhauswesen in kommunaler Verantwortung behalten wollen, dann müssen wir jetzt investieren.
 
Aber: Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden im Rating Report signifikant besser ab als öffentlich-rechtliche.
Warum? Zum Beispiel darum:

Private Träger zahlen ihrem Personal keinen TVÖD Tarif, sie haben keine Zusatzversorgungskasse, die später daraus entstehende Altersarmut fängt ja der Sozialstaat auf. Ein privater Träger hätte Vaihingen  ersatzlos gestrichen. Die Tagesklinik, die nachweislich gute Arbeit zur Zufriedenheit von Patienten und Angehörigen macht, gäbe es nicht. Marbach wäre ebenfalls längst geschlossen worden, die Investition für ein Altersmedizinisches Zentrum würde sich für den privaten Träger nicht rechnen. Das Gelände in Marbach wäre meistbietend verkauft. Um Nachnutzung durch dringend benötigte Kurzzeitpflegeplätze würde man sich nicht scheren, das ist nicht gewinnträchtig!

Unsere kommunale Aufgabe ist, die Daseinsvorsorge für die Bürger unseres Kreises zu sichern. Unabhängig davon, ob damit Rendite zu erwirtschaften ist. Der Bedarf ist für uns entscheidend, nicht die Gewinnausschüttung an Aktionäre. Darum müssen wir unsere Kliniken in unserer Hand behalten, auch wenn es teuer wird.

Auf die KLB kommen in den nächsten Jahren Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe zu , die bei weitem nicht aus Landesmitteln finanziert werden können. Diese sind notwendig und sinnvoll, um die Kliniken zukunftsfähig zu machen. Noch sind die Rücklagen nicht ganz eingeschmolzen, aber es ist durchaus denkbar, dass der Kreis in wenigen Jahren auch hier wird einspringen müssen.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt schon eine weitere Senkung der KU öffentlich propagieren das bedacht haben?
Aber das können Sie ja noch tun und dazu möchte ich Sie dringend auffordern. Denken Sie weiter, in die Zukunft, planen Sie auch für schlechtere Zeiten. Im vergangenen Jahr konnte der Landkreis 11 Mio € für Sondertilgungen aufwenden. Das begrüßen wir und möchten das auch weiterhin möglich machen. Unsere Kliniken sind uns das wert!

Herr Dr. Martin, Herr Hechenberger, stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen unserer KLB danke ich Ihnen für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit.
Dem Beschlussvorschlag stimmt unsere Fraktion zu.

Die relativ gute wirtschaftliche Lage könnte auf mittlere Sicht nur dann stabilisiert werden, wenn Krankenhausleistungen in vollem Umfang refinanziert werden, eine Strukturoptimierung realisiert wird und jährlich eine Produktivitätssteigerung von 0,3 Prozent erreicht würde, heißt es im Rating Report.

„Der Versuch in den Rahmenbedingungen einer Planwirtschaft *volkswirtschaftlich Sinnvolles mit
betriebswirtschaftlich Notwendigem in Einklang zu bringen.“
                                           (* und unter Mitwirkung der Haier des freien Marktes)

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