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Pressemitteilung: Grüne: Landrat Allgaier spielt mit dem atomaren Feuer

Seine Forderung nach einer Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke wäre ein Wiedereinstieg in die Hochrisikotechnologie Atomkraft

Mit großer Verwunderung hat die Kreistagsfraktion der Grünen die Forderung von Landrat Dietmar Allgaier zur Kenntnis genommen, die Laufzeit der drei sich noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke für mehrere Jahre zu verlängern. „Anstatt die energiepolitischen Versäumnisse diverser CDU-Landes- und Bundesregierungen möglichst schnell zu korrigieren und die Energiewende im Kreis Ludwigsburg zügig voranzutreiben, befürwortet Herr Allgaier unnötigerweise eine Laufzeitverlängerung“, bemängelt die Fraktionsvorsitzende Brigitte Muras. Nach jahrzehntelangem Ringen habe sich die Gesellschaft nach der Katastrophe von Fukushima auf den Ausstieg geeinigt. Diesen aufzukündigen, würde alte Konflikte wiederbeleben. Daran könne niemand Interesse haben. Wer wie Landrat Allgaier eine Laufzeitverlängerung mit bis zu fünf Jahren fordere, setze sich für einen Wiedereinstieg in die Hochrisikotechnologie Atomkraft ein. „Ein ungeheuerlicher Vorgang“, so die Kreistagsfraktion der Grünen unisono.

Unabhängig davon stelle sich aber die Frage, ob die Forderung überhaupt technisch und rechtlich durchführbar wäre. Auch EnBW-Chef Mastiaux habe sich erst vor wenigen Wochen skeptisch gegenüber einer Laufzeitverlängerung geäußert. Mit den derzeitigen Brennstäben könnte der Betrieb maximal einige Wochen weiterlaufen. Außerdem wies Mastiaux darauf hin, dass es üblicherweise 12 bis 18 Monate dauere bis neue Brennstäbe geliefert würden. „Landrat Allgaier hat zudem nicht berücksichtigt, dass die nach dem Atomgesetz vorgeschriebene umfassende Generalüberprüfung für die drei letzten deutschen Atommeiler schon vor drei Jahren hätte stattfinden müssen. Diese Überprüfung wurde aufgrund der dreijährigen Restlaufzeit damals nicht mehr durchgeführt“, erklärt Kreisrat Jürgen Walter.

Ebenso würde verschwiegen, dass es derzeit weltweit kein Endlager für Atommüll gebe. Bis vor wenigen Jahren wurde der Salzstock als Endlager betrachtet. Doch seit man sich darauf geeinigt hat, diese Planung nicht mehr weiterzuverfolgen, stellt sich die Frage auf welcher Grundlage Atomkraftwerke überhaupt noch betrieben würden. „Wer im Kreis Ludwigsburg eine Pommes-Bude betreibt, aber den Müll nicht ordnungsgemäß entsorgt, dem wird vom Landratsamt die Betriebsgenehmigung entzogen. Von daher ist es unverantwortlich weiterhin den gefährlichsten Müll überhaupt ohne Endlager zu produzieren“, meint Kreisrätin Doris Renninger. Man dürfe nicht vergessen, dass die Genehmigung für das Zwischenlager in Neckarwestheim 2040 auslaufe. Bis dahin müsse man schleunigst ein Endlager finden und nicht neuen hochradioaktiven Müll produzieren. Zudem vergrößere der Kauf von Uran die Abhängigkeit vom Ausland. Von den durch den Uranabbau entstehenden Umweltproblemen ganz zu schweigen.

Man dürfe weiterhin nicht vergessen, dass die Diskussion einer Streckverlängerung von einigen Monaten in Wahrheit weniger durch deutsche Probleme entstanden sei, sondern durch die Abhängigkeit Frankreichs von der Atomkraft. Innerhalb des europäischen Stromnetzes müsse Deutschland seine Nachbarn unterstützen. Derzeit sei nicht einmal die Hälfte der vorhandenen französischen Atomkraftwerke am Netz und Frankreich müsse im großen Stil Strom aus Deutschland kaufen. Was wiederum auch die Behauptung widerlege, in Deutschland würde zu wenig Strom produziert. Die verhängnisvolle Abhängigkeit von alten Meilern hat den Strompreis in Frankreich innerhalb eines Jahres um satte 400 Prozent erhöht. Diese Diskussion würde nun von einigen ewig gestrigen Ideologen von CDU und FDP genutzt, um die Atomkraft wieder salonfähig zu machen.

Im Übrigen haben wir in Deutschland das gleiche Problem wie in Frankreich, heißt es in der Pressemitteilung der Fraktion weiter. Unsere Reaktoren sind auch bereits seit über dreißig Jahren im Betrieb und daher längst in die Jahre gekommen. Nicht umsonst haben die Betreiber der deutschen Kraftwerksanlagen bereits mehrfach erklärt, dass die öffentliche Hand die gesamten Risiken für einen Weiterbetrieb übernehmen müsse.

Mit der Debatte um eine Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke würde der Bevölkerung nur Sand in die Augen gestreut. Streng genommen würde zirka ein Prozent des Gases eingespart, wenn wir weiterhin auf die drei verbliebenen Anlagen setzen würden. Da sie in der Grundlast laufen und die Gaskraftwerke vor allem benötigt würden, um Verbrauchsschwankungen auszugleichen, könnten sie in der Realität kaum Gaskraftwerke ersetzen.

„Anstatt auf die Vergangenheit zu setzen, fordern wir Landrat Allgaier auf, endlich mit dem Klimaschutz im Kreis ernst zu machen“, appelliert Kreisrat Jürgen Walter. Bei der Darstellung des Umsetzungsstandes der Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts musste die Kreisverwaltung im Mai einräumen, dass viele Maßnahmen des Konzepts noch nicht angefangen wurden und von den 54 in Umsetzung befindlichen Projekten nur zehn in hohem Maß umgesetzt würden. Auch beim Ausbau der Windkraft habe das Landratsamt bisher keine Impulse gesetzt. „Auf Landrat Allgaier warten viele zukunftsorientierte energiepolitische Aufgaben, die er selbst lösen kann. Der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken gehört sicherlich nicht dazu“, so Doris Renninger. „Stattdessen erwarten wir, dass der Haushaltsplanentwurf für das nächste Jahr ein „Klimaschutzhaushalt“ mit entsprechendem Geld für Projekte und Personal wird“, ergänzt Brigitte Muras.

 

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