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Verabschiedung des Haushaltsplans 2022

Sitzung des Kreistags am 10. Dezember 2021 

TOP 4  Haushaltsplan 2022 und Finanzplanung 2021 bis 2025  -Verabschiedung-     

Redebeitrag von Brigitte Muras

 

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Frau Beck, meine Damen und Herren.

 

Heute richtet sich unser Fokus auf den Kreishaushalt für das Jahr 2022. Er bildet neben den Pflichtaufgaben aber auch ab, welchen Beitrag wir als Landkreis leisten wollen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Hier sind aus unserer Sicht Lücken vorhanden.

 

Wir werden dem Haushaltsplan mit den Änderungen zustimmen, auch aufgrund der sehr guten Ergebnisses des Haushaltsjahres 2021. Auch die neuesten Steuerschätzungen sowie die von der Landesregierung angekündigten Finanzmittel, die für  Stabilisierungsmaßnahmen inklusive Kliniken vorgesehen sind, stimmen optimistisch Der von der Verwaltung in diesem Jahr beschrittene Weg frühzeitig die Haushaltsdaten darzulegen hat sich bewährt. So konnten schon frühzeitig über die möglichen Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung, Stichwort Aufgabenkritik, beraten werden.

Das hat uns ermöglicht rechtzeitig gegenzusteuern. Für unsere Grüne Fraktion sind die Positionen im Bereich der Anlage 4 – Zuschüsse, Förderungen und Beiträge nicht antastbar.  Kürzungen würden die wertvolle, von uns besonders geschätzte und unverzichtbare Arbeit der Freien Träger in der sozialen Arbeit einschränken.

Freilich wird durch die Haushaltslage der Spielraum für weitere, uns wichtige Projekte enger. Dazu trägt auch die  noch immer nicht bewältigte Corona-Pandemie bei. Sie schränkt unser Leben auf allen Ebenen ein. Nach fast zwei Jahren dieser Pandemie wird die Sehnsucht der Menschen nach einer krisenfreien Zeit immer größer. Doch leider leben wir nicht nur inmitten einer Pandemie, sondern auch inmitten der Klimakatastrophe.

Dieser Sommer mit den schrecklichen Überschwemmungen hat wieder einmal gezeigt, dass der Klimawandel direkt vor unserer Haustüre stattfindet. Mittlerweile leugnet niemand mehr ernsthaft den von Menschen gemachten Klimawandel. Die Politik hat die zahlreichen wissenschaftlichen Belege jahrzehntelang ignoriert. Der diesjährige Nobelpreisträger und ehemalige Klimaforscher Klaus Hasselmann sagte bereits 1988 vorausschauend in einem Interview:

"In 30 bis 100 Jahren, je nachdem, wie viel fossiles Brennmaterial wir verbrauchen, wird auf uns eine ganz erhebliche Klimaänderung zukommen. Klimazonen werden sich verschieben, Niederschläge anders verteilen. Dann wird man nicht mehr von Zufallsergebnissen reden können. Man sollte sich bewusst werden, dass wir in eine Situation hineinkommen, wo es keine Umkehr mehr gibt."                                        (Quelle: https://www.mpg.de/nobelpreis/klaus-hasselmann). 

Leider fehlt es noch immer an der notwendigen Konsequenz. Wir alle wissen, dass ein verbrannter Kuchen nicht besser schmeckt, wenn man etwas Puderzucker darüber streut.

 

Wir brauchen dringend eine Energiewende, eine Verkehrswende, eine Agrarwende usw.

 

Im Kreis Ludwigsburg wird manches umgesetzt, was wir sehr begrüßen. Die Zusammenarbeit mit der LEA oder die Ladestationen für Elektroautos im Parkhaus des LRAes sind Beispiele. Wenn es aber um den Verkehrssektor geht, dann lässt die Leidenschaft für den Klimaschutz bei vielen sofort nach. Ein Beispiel war die Weigerung der Landräte in der Region die Preisspirale beim VVS nicht weiter nach oben zu treiben. Die damals genannten 600.000 Euro jährlich hätten wir uns leisten können. Ein aktuelles Beispiel ist die mehr oder weniger stark ablehnende Haltung gegenüber der Einführung eines Mobilitätspasses. Er wäre ein Mittel, Gelder zur Finanzierung des ÖPNV einzunehmen und damit die Nutzung des ÖPNV zu finanzieren.

Die aktuelle Meldung aus dem Verkehrsministerium: „Land wählt Modellregionen für Mobilitätspass und Mobilitätsgarantie aus, der Landkreis Ludwigsburg ist neben den Verbundlandkreisen und der Stadt Stuttgart auch dabei.“, stimmt positiv. Das gewählte Modell ist nicht ausschlaggebend, aber wir sollten diese neue Möglichkeit der Finanzierung des ÖPNVs nutzen! Wir fordern, dass sich der Landkreis Ludwigsburg dafür stark macht. Leider kann man den Eindruck haben, dass es sich dabei auch um politische Machtspiele zwischen den schwarzen Landräten in Region und dem grünen Verkehrsminister handeln könnte. Angesichts der Klimakrise ist dies nicht  Ziel führend! Immerhin ist unser Vorschlag aufgegriffen worden, die Preise für den VVS nicht mehr jährlich zu erhöhen, sondern langjährige Modelle zu entwickeln.

Ganz oben auf unserer Prioritätenliste steht die Errichtung einer Stadtbahn im Kreis Ludwigsburg. Der Zweckverband hat bereits zweimal getagt, aber immer noch kochen zu viele ihr eigenes Süppchen, noch immer haben zu wenige die große Chance dieses „Jahrhundertprojekts“ erkannt. Mit großer Sorge sehen wir, dass eine immer noch stattliche Zahl an Gemeinderatsmitgliedern in Ludwigsburg dieses Projekt, zumindest nicht in der Innenstadt Ludwigsburgs wollen. Dabei wird gerade die Ludwigsburger Innenstadt vom Verkehr überrollt. Auch die Initiative von OB Knecht und seinen Kolleg*innen Kornwestheim und Remseck ist kontraproduktiv. Sie wird von den Stadtbahngegnern gerne  zum Anlass genommen, die Niederflurbahn aus der Innenstadt zu verbannen. Für uns gilt: Der Systemwechsel von Hochflur auf Niederflur muss in Pattonville stattfinden.

 

Zu Umwelt- und Klimaschutz gibt noch viel zu sagen, ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Wir haben wenig Wald im Kreis, aber wenigstens noch einige Streuobstwiesen. In einem bisher einmaligen Landesprojekt hat man sich geeinigt Streuobstwiesen erst ab einer Größe von 1500 qm unter besonderen Schutz zu stellen. Im Rahmen von Bauleitplanungen kann jedoch die Umwandlung von Streuobstwiesen beantragt werden. Wie wir feststellen müssen wird im Kreis Ludwigsburg übermäßig davon Gebrauch gemacht. Dies ist für den Schutz der  Streuobstwiesen, die aufgrund ihrer biologischen Vielfalt zu den wichtigsten Biotopen unserer Kulturlandschaft gehören, fatal. Die Schutz im Landkreis LB muss deshalb Regel bleiben, die Umwandlung aber absolute Ausnahme.

Wenn es so wie bisher  weitergeht, gibt es in weniger als dreißig Jahren in Baden-Württemberg keine Streuobstwiesen mehr, im Landkreis noch früher. Ich frage Sie: „Ist das die Welt, die wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wollen?“ 

Meine letzte Haushaltsrede hat mit der Bitte geendet die Liste über die Umsetzung der AGENDA 2030 zu aktualisieren und darüber zu berichten.

Dieser Bericht steht noch aus. Die Begründung: Es hat sich nichts verändert. Das können wir so nicht akzeptieren. Für unsere Fraktion ist die Umsetzung der von elementarer Bedeutung.

Armut, Ungleichheit und Ungerechtigkeit und der Klimawandel müssen bekämpft werden.

Im ausgehandelten Koalitionsvertrag beginnt das Kapitel Umwelt- und Naturschutz mit den Sätzen: „Die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG) sind Richtschnur unserer Politik. Damit schützen wir die Freiheit und Chancen jetziger und kommender Generationen.“

 

Sehr gefreut haben wir uns über  den Besuch der kleinen Delegation aus unserer Partnerregion Oberes Galiläa. In einem Gespräch mit Chairmen Giora Salz wurde auch angesprochen Kontakte von Gruppen mit ökologischen Projekten zu ermöglichen. Im Nachhaltigkeitsziel 17 „Umsetzungsmittel und Globale Partnerschaft stärken“ wird angestrebt u.a. solche Projekte mit Partnerregionen gemeinsam zu entwickeln und zu finanzieren.

Wir wünschen wir uns, dass im Kultur-, Schul- und Europaausschuss die  Europapaorientierung des Landkreises wieder größere Aufmerksamkeit bekommt und die  Kontakte zum Rat der europäischen Gemeinden wach gehalten werden. Unsere neue Außenministerin Analena Baerbock hat bei ihren Antrittsbesuchen klar zum Ausdruck gebracht, wie wichtig die Europäische Einigkeit und die deutsch-französische Freundschaft sind.

 

Unsere Fraktion möchte mehr Verbindlichkeit in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz. Maßnahmen, die im KT beschlossen werden, müssen auf ihre Umwelt- und Klimarelevanz geprüft werden. Hierzu werden wir einen Antrag stellen. Wir möchten auch mehrVerbindlichkeit in den Bereichen Ungleichheit und Ungerechtigkeit.

Die Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft und weltweit nimmt ebenfalls zu.

 

Es wundert nicht, dass die Zahl der Menschen wieder zunimmt, die zu uns kommen, weil sie in ihrem Land keine Lebensperspektive mehr haben. Die Berichterstattung aus Afghanistan, aber auch aus anderen Ländern zeigt deutlich, dass die Staatengemeinschaft versagt hat. Der Haushalt weist entsprechende Mittel für die Schaffung von Unterkünften aus und trägt damit den aktuellen Prognosen Rechnung. Die personelle Betreuung der Geflüchteten muss jedoch ebenfalls entsprechend gewährleistet werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch den akuten Wohnraummangel ansprechen. U. a. aufgrund unseres Antrags eine Kreiswohnbaugesellschaft zu gründen, hat sich der runde Tisch für bezahlbaren Wohnraum gebildet. Wie  befürchtet, hat er sich als zahnloser Tiger erwiesen. Ein Lichtblick ist die noch zu gründende Wohnbau Bürgergenossenschaft. Die eingestellten Haushaltsmittel sind eine gute Investition. Wir hoffen, dass die Kommunen diese Möglichkeit Wohnraum zu schaffen auch unterstützen.

Im Sozialbereich, sowie in der Kinder- und Jugendhilfe kommen aufgrund der geänderten gesetzlichen Vorgaben zusätzliche Aufgaben auf den LK zu. Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wird das Jugendamt sicherlich vor besondere zusätzliche Herausforderungen stellen. Wir sind gespannt auf erste Erfahrungen bei der Umsetzung dieses gewaltigen Gesetzeswerkes und darauf, welchen zusätzlichen personellen Aufwand dies mit sich bringt. Betroffen werden hiervon auch die Freien Träger sein, mit denen in enger Kooperation die neuen Aufgaben gemeinsam bewältigt werden müssen.

Der Bericht „Armut und Teilhabe“, den wir schon vor Jahren eingefordert haben, ist offensichtlich fertig gestellt. Wir hoffen auf die zeitnahe Freigabe und versprechen uns davon belastbare Zahlen und konkrete Handlungsansätze.

Den bereits im SoA vorgestellte Integrationsbericht hat Herr Breimaier schon lobend kommentiert. Aufgrund der solide ermittelten Daten und den aufgezeigten Handlungsempfehlungen ist er ein geeignetes und wichtiges politisches Arbeitsprogramm.

 

Unser Grundsatz ist: Eine gute Verwaltung muss sich an der Wertschätzung seiner Mitarbeitenden messen lassen. Im Verwaltungsausschuss wurde das Landratsamt als Dienstleistungsbetrieb bezeichnet. Dazu gehört auch eine den Aufgaben angemessene Stellenanzahl. Wir halten die Erhöhung angesichts der steigenden Aufgabenfülle im Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz, dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz,  auch angesichts steigender Anforderungen an den Kreis wie Digitalisierung und Klimaschutz für mehr als vertretbar. Sie sind eine gute Investition in die Zukunft! Es entsteht aber der Eindruck, dass ein Ungleichgewicht zur Personalausstattungim sozialen Bereich besteht. In der entsprechenden Vorlage VA_35/2021 wird in diesem Zusammenhang oft der Ausdruck „sukzessiver Ausbau“ verwendet und die von IMAKA ermittelte Stellenanzahl wird teilweise erheblich unterschritten. Wir meinen hier fehlt es an Transparenz. Was bedeutet sukzessiver Ausbau? Können die anfallenden Aufgaben ohne weitere Mehrbelastung der Mitarbeitenden überhaupt bewältigt werden? Herr Rebholz hatte ein Ampelsystem vorgeschlagen, das wir uns genauer anschauen sollten. Als weiteren Punkt möchte ich ansprechen, dass mehr als 10 % der Stellen befristet sind. Ständig neuer Einarbeitungsaufwand und hohe Fluktuation, insbes. im Sozialbereich, ist die Folge. Ist das wirklich notwendig? Wir schlagen vor die „alte“ Idee zur Einrichtung eines flexiblen Stellenpools aufgreifen und prüfen!

 

Wir haben es schon thematisiert: Wir als Landkreis können dazu beitragen, dass sich in Baden-Württemberg, wie von der Landesregierung angestrebt, der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Böden erhöht. Wir könnten in der Kantine  sukzessive auf „Bio“ umstellen oder zumindest den Anteil an ökologisch erzeugten Lebensmitteln erhöhen. Auch die Mitarbeiter*innen im LRA haben Interesse daran bekundet. Es kommt auf die Bedingungen an, ob dies gelingt. Wir erwarten, dass die Verwaltung dem Kreistag im ersten Halbjahr 2022 einen Umsetzungsplan für mehr „Bio“ in der Kantine vorlegt. Außerdem wollen wir unseren Vorschlag erneuern, dass Mahlzeiten „To Go“ in der Kantine des Landratsamtes nur noch in Mehrweggebinden ausgegeben werden.

 

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeiter*innen des LRA und in den Außenstellen, eingeschlossen die Personalrät*innen, für die gute und engagierte Arbeit im vergangenen Jahr bedanken.

 

Unser Dank gilt auch Frau Beck und ihrem Team für die Aufstellung des Haushaltsplans in schon gewohnter sehr guter Qualität.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   

Wir stimmen dem Haushaltsplan mit allen Änderungen und der Finanzplanung zu.

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

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